Geburtenrückgang im Nahen Osten - Was können wir aus der Analyse lernen?
Diminuzione della natalità nel Medio Oriente - Che cosa possiamo imparare dall'analisi?

Markus Dörflinger - 2019

Manche Länder des Nahen Ostens weisen mittlerweile ähnlich niedrige Geburtenziffern wie europäische Länder. Die Prozesse, die dem zugrundeliegen, weichen jedoch stark voneinander ab. Was können wir aus einer solchen Analyse lernen?

(Grafik: apollis; Quelle: World Bank (2017): World Development Indicators)

Seit wann beschäftigt sich Apollis mit demografischen Entwicklungen? Eigentlich seit immer, denn sie sind grundlegend zum Verständnis gesellschaftlicher Phänomene: Die Nachfrage nach Kinderbetreuung, die Alterung der Gesellschaft als Herausforderung für die Arbeitswelt und für die Organisation der Pflege, der Fachkräftemangel sind nur drei Problembereiche, die ganz wesentlich auch einen demografischen Hintergrund haben und mit denen sich Apollis im Rahmen verschiedener Studien befasst hat.

Am 27. September referierte Markus Dörflinger, seit Mai 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Apollis, am Deutschen Kongress für Geographie über: „Die Veränderung des generativen Verhaltens im Nahen Osten: Merkmale eines zweiten demografischen Übergangs?“
Die Präsentation basierte dabei auf seiner Masterarbeit, die bereits mit dem Nachwuchspreis der Deutschen Gesellschaft für Demografie 2019 prämiert wurde. Die Arbeit geht am Beispiel des Irans, des Libanons und der Vereinigten Arabischen Emirate der Frage nach, inwieweit die jüngste Veränderung des generativen Verhaltens im Nahen Osten mit dem zweiten demografischen Übergang erklärt werden kann. Dieser beruht auf einem umfassenden sozialen Wandel hin zu Individualisierung bzw. zu postmateriellen Werten und führte z. B. in Europa ab Mitte der 1960er Jahre zu einem starken Geburtenrückgang.

Im Vergleich beider Regionen zeigen sich tatsächlich zahlreiche Parallelen, z. B. niedrige Geburtenziffern, ein gestiegenes Heiratsalter, häufigere Scheidungen und eine Bedeutungszunahme moderner Methoden der Empfängnisverhütung. Allerdings lässt sich ein sozialer Wandel als treibender Faktor im Nahen Osten lediglich in Ansätzen feststellen. Vielmehr wird das generative Verhalten maßgeblich von ökonomischen Restriktionen (z. B. hohe Lebenshaltungskosten), fehlenden technologischen und rechtlichen Mitteln (z. B. bezüglich des Zusammenlebens unverheirateter Paare) und traditionellen Normen und Werten (z. B. bezüglich alleinstehender Frauen) bestimmt. Dabei treten jedoch große (sozial)räumliche Unterschiede zutage.

Auf den ersten Blick scheint dieses Thema weit weg von unserer Realität zu sein. Doch gerade aus dem Kontrast lassen sich interessante Schlüsse ziehen. So wird deutlich, wie vielschichtig die Einflussfaktoren des generativen Verhaltens sein können und welch große Rolle der jeweilige Kontext dabei spielt. Implikationen lassen sich daraus auch für den Umgang mit dem demografischen Wandel seitens der Bevölkerungs- und Familienpolitik ableiten, die oft auf monokausale Erklärungsmuster zurückgreift.
 
 
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