Mehr Frauen in der Politik – kein Anliegen der Südtiroler Bevölkerung?
Più donne in politica: non è una priorità per la popolazione altoatesina?
Hermann Atz - 2024
Mehr Frauen in der Politik – Ist das also wirklich kein Thema für die Südtiroler Bevölkerung? Wie immer sollte man sich die genaue Fragestellung anschauen, um solche Ergebnisse einordnen zu können. Diese lautete: „Welche sind für Sie die wichtigsten Themen im Bereich Gleichstellung der Geschlechter?“ Und als mögliche Bereiche, aus denen die Befragten bis zu drei auswählen konnten, wurden angeführt:- Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Arbeitsbedingungen und Kinderbetreuung)
- Sicherheit und Schutz vor Gewalt
- Finanzielle Anerkennung von Familienarbeit für die Rente
- Eine gerechtere Umverteilung der Arbeit und der Aufgaben innerhalb der Familie
- Mehr Frauen in Führungspositionen
- Geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung
- Abbau von Rollenbildern in der Schule
- Mehr Frauen in die Politik
Dass genau die Teilhabe der Frauen an der Politik am seltensten als besonders wichtiges Gleichstellungsziel genannt wurde (nämlich nur von 7%), dürfte somit einen doppelten Grund haben: Als erstes jenen, dass einem im Zweifelsfall das Hemd näher ist als der Rock, soll heißen: Vereinbarkeit erscheint wichtiger als politische Repräsentation. Sodann natürlich das allgemein miserable Image der Politik, das hier abfärbt. Verärgert über die Entwicklung der öffentlichen Diskurse und das Agieren von Parteien und politischen Exponenten „übersehen“ viele Menschen, dass große gesellschaftliche Veränderungen eben nur mit Unterstützung der verabscheuten „Politik“ möglich sind. Doch im Grunde wissen sie es doch, schließlich weist eine große Mehrheit der Befragten – immer laut den Ergebnissen der ASTAT-Studie – der Politik die Hauptverantwortung für das Voranbringen von Gleichstellungsthemen zu.
Die Gleichstellung von Frauen und Männern wird somit von den Südtirolerinnen und (etwas weniger stark) den Südtirolern durchaus als relevantes Politikfeld eingestuft. Die Politik sehen sie in der Pflicht Maßnahmen zu ergreifen, welche die noch immer recht unbefriedigende Situation verbessern. Und eine dieser Maßnahmen muss in Richtung einer stärkeren Frauenvertretung in politischen Gremien gehen. Denn man die Frage etwas anders stellt, fordert das auch ein großer Teil der Südtiroler Bevölkerung: So hat eine von apollis im Jahr 2020 durchgeführte Bevölkerungsumfrage im Auftrag von eurac research bestätigt, dass eine übergroße Mehrheit (93%) Maßnahmen gegen die Benachteiligung von Frauen in verschiedenen Lebensbereichen für wichtig hält. Andererseits fällt die Zufriedenheit mit dem aktuellen Frauenanteil in politischen Gremien eher gering aus; sie liegt bei weniger als 6 auf einer Skala von 0 bis 10. Und deshalb wüschen sich knapp zwei Drittel einen höheren Frauenanteil in Gemeinderäten, im Landtag und in der Landesregierung, als dies zur Zeit der Fall ist.[2]
So gesehen, hat die Forderung nach mehr Frauen in der Politik zwar nicht höchste Priorität für die Menschen in Südtirol, stellt aber sehr wohl ein von großen Teilen der Bevölkerung geteiltes Anliegen dar.
Literatur
[1] astat info 21/2024 (https://astat.provinz.bz.it/de/aktuelles-publikationen-info.asp?art=ASTAT683501)[2] „Südtiroler sind für Gleichstellung von Mann und Frau, aber… Laut ASTAT finden 79 Prozent die Gleichstellung der Geschlechter wichtig, aber mehr Frauen in der Politik braucht es demnach nicht“, RAINews Tagesschau vom 23.05.2024
[3] Atz, H. et al. (2023), Wie weiblich ist die Gemeindepolitik? Der (nach wie vor) mühevolle Weg ins Rathaus, 2. akt. u. erw. Auflage, Athesia (hrsg. von eurac research).
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