Chancen in Coronazeiten? Welche Chancen sollen das sein?
Vedere il potenziale nella crisi di Covid? Ma quale potenziale?

Helmuth Pörnbacher - 2020

Seit das Coronavirus unsere Gesellschaften weltweit in Atem hält, scheinen wir uns nur mehr mit diesem Thema zu beschäftigen: Lockdown, Teststrategien, Unterstützungsmaßnahmen für gebeutelte Branchen, Fernunterricht usw. In regelmäßigen Abständen kommen aber – neben den Hiobsbotschaften, die dominieren – Hinweise, man möge doch auch die Chancen erkennen, die diese Krise eröffnet. Aber welche Chancen sollen denn das sein?
(Grafik: apollis)


Einer der Argumentationsstränge, der in verschiedener Form vorgetragen wird, ist die Aufforderung, diese Krise und deren Bewältigung doch als Blaupause zu sehen für die Klimakrise, die von ihrer Tragweite als globales Phänomen vergleichbar sei. Der Zukunftspakt für Südtirol etwa meint: In den ersten Monaten dieses Jahres 2020 haben wir erlebt, wie schnell sich unser Leben in einem bisher unvorstellbaren Ausmaß verändert, und festgestellt, dass die Politik in der Lage ist, in einer Krisensituation die volle Entscheidungsmacht in die Hand zu nehmen. Andere haben nicht so große Ansprüche: Corona sei eine Chance, die Digitalisierung endlich weiterzubringen, andere beziehen sich eher auf die persönliche Ebene und stellen weniger Geschwindigkeit und mehr Zeit für Persönliches in Aussicht, oder sie sehen Anzeichen für eine Stärkung von solidarischem Handeln in der Gesellschaft.

Vielleicht ist es nützlich, einen Schritt zurück zu machen und nicht danach zu fragen, was sich durch Corona bessern kann, sondern sich zu überlegen, wie Verbesserungen angestoßen und umgesetzt werden können. Reden wir dabei nicht von der persönlichen Ebene, sondern von der Ebene von Organisationen. Wie entstehen hier Verbesserungen, und wie kann das mit Corona in Verbindung gebracht werden? Ein Blick in die Theorie des Veränderungsmanagements, neudeutsch gerne „Change-Management“ genannt, kann helfen, diese Fragen zu beantworten. Damit werden „alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten zusammengefasst, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung zur Umsetzung neuer Strategien, Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen in einer Organisation bewirken sollen“.

Organisationen setzen Methoden des Change-Management gezielt ein, um Innovation zu fördern. Dahinter steckt die Überzeugung, dass konsolidierte Prozesse in einer Organisation Sicherheit und Planbarkeit bieten, aber gleichzeitig die Grundlage für Verkrustung und Stillstand darstellen.

Bei diesen bewussten Veränderungsprozessen ist die erste, und oft die schwierigste Phase jene des Auftauens, also der Förderung der Bereitschaft, sich überhaupt auf Veränderungen einzulassen. Diesbezüglich hat Corona tatsächlich einen Einfluss: Die Corona-Epidemie wirft uns in vielen Bereichen nolens volens direkt in die zweite Phase, bei der neue Lösungen schnell her müssen (oft als Bewegungsphase bezeichnet). Dies kann ein Vorteil sein, weil die oft mühsame Auftauphase übersprungen wird. Gleichzeitig besteht darin auch eine Gefahr: wenn für Veränderungen in einer Organisation nicht mehr geworben werden muss, dann besteht die Gefahr, dass in der Folge die Akzeptanz für neue Wege fehlt. Ein weiteres Risiko von Corona-getriebenen Veränderungen liegt darin, dass der Fokus bei der Suche nach neuen Lösungen auf das Problem und weniger auf die Chance gerichtet wird; dann schaffen es diese Lösungen vermutlich nicht in die dritte Phase eines Veränderungsprozesses, jener der Konsolidierung (Einfrierphase), und alles bleibt nach Normalisierung, so wie es vorher war.

Wenn also die oben genannten Aufrufe zur Nutzung der Chancen wirklich ernst gemeint sind, dann spricht vieles dafür, sich nicht nur mit den Inhalten von Verbesserungen zu beschäftigen, sondern gleich viel Wert auf die Prozesse zu legen, durch die sie erreicht werden sollen. Die Coronakrise bietet die Chance für Veränderung, weil sie dazu zwingt. Damit ist aber noch keineswegs garantiert, dass diese Veränderungen auch Verbesserungen sind und die Krise überdauern. Ein methodisches Vorgehen auf der Prozessebene kann die Nachhaltigkeit solcher Bemühungen jedenfalls fördern.
 
 
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