Was motiviert uns gute Ärztinnen und Ärzte zu sein?
Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Gesundheitswesen Zusammenarbeit: SAkAM – Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin |
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Zeitraum: 2010 |
Hintergrund des Projekts
Die Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin veranstaltet jährlich die Akademie-Gespräche. Im Jahr 2010 ist diese Tagung, die sich auch an die Öffentlichkeit richtet, dem Thema „Motivation und Demotivation im Arztberuf“ gewidmet. Die Ergebnisse der Studie sollen bei dieser Gelegenheit vorgestellt werden.Ziel des Projekts
Die Untersuchung zielt darauf festzustellen, welche Faktoren heutzutage in Südtirol zur beruflichen Motivation von Ärztinnen und Ärzten beitragen bzw. diese beeinträchtigen. Die Ergebnisse sollen in erster Linie eine Bestandsaufnahme darstellen, die jedoch so differenziert ist, dass sich daraus Vorschläge für entlastende Maßnahmen ableiten lassen. Diese können sowohl auf der Ebene des Gesundheitssystems als auch auf jener der individuellen Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten liegen.Arbeitsphasen
Die Studie ist empirisch ausgerichtet und setzt sowohl quantitative als auch qualitative Befragungsverfahren ein. Den Kern der Untersuchung bilden die Entwicklung eines Frageprogramms für die Online-Befragung und die Analyse der Ergebnisse. Die Befragung richtet sich an Ärztinnen und Ärzte folgender Tätigkeitsbereiche: a) Allgemeinmedizin, b) öffentlicher Facharztbereich, c) privater Facharztbereich.Die Arbeitsphasen sind:
- Literaturrecherche
- Workshops und explorative qualitative Interviews mit Ärztinnen und Ärzten
- Fragebogenentwicklung für die Online-Befragung
- Durchführung der Repräsentativbefragung von Ärztinnen und Ärzten in Südtirol (Online-Befragung ab Juni 2010)
- Analyse und Berichtlegung.
Vorstellung der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Befragung wurden am 25. September im Rahmen der Akademie-Gespräche 2010 in zwei Referaten vorgestellt:- Rahmenbedingungen - Berufliche Belastung - Verbesserungsmaßnahmen, Referent Dr. Giuliano Piccoliori, Direktor der SAkAM
- Persönliche Motivationsfaktoren - Berufserfahrungen - Arzt-Patienten-Beziehung, Referentin Dr. Iris Maria Vinatzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin von apollis.
Die Studie liefert eine Bestandsaufnahme zur Arbeitssituation von Ärztinnen und Ärzten in Südtirol, und zwar aus deren subjektiver Sicht. Der Mittelwert-Vergleich der zentralen Fragestellungen zur ärztlichen Motivation und Belastung zeigt, dass auf einer Skala von 0='sehr niedrig' bis 10='sehr hoch' die Arzt-Patienten-Beziehung vergleichsweise am besten bewertet wurde (m=8,0). Bemerkenswert ist, dass die berufliche Motivation (m=6,6) trotz der hohen beruflichen Belastung (m=7,6) relativ hoch ist. Auch die Arbeitszufriedenheit (m=5,5) und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (m=5,2) liegen im positiven Bereich, jedoch nur knapp über dem Skalenmittelpunkt. Die Belastung durch die Theorie-Praxis-Diskrepanz (m=4,8) am Beginn der beruflichen Tätigkeit liegt hingegen knapp unter dem Skalenmittelpunkt und ist wesentlich niedriger als die aktuelle berufliche Belastung. Zwischen den zentralen Fragen zur Motivation bestehen hoch signifikante Zusammenhänge: Die berufliche Motivation korreliert mit der Arbeitszufriedenheit, der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie dem Stellenwert der Arzt-Patienten-Beziehung. Interessanterweise wirkt sich eine hohe Arbeitsbelastung zwar negativ auf die Arbeitszufriedenheit aus, hat aber keinerlei – positiven oder negativen – Einfluss auf die Motivation (wenn man von Fällen mit drohenden Burnout-Syndrom absieht). Umgekehrt geht aber eine größere Arbeitszufriedenheit auch mit stärkerer Motivation einher. Der stärkste Hebel zur Erhöhung der Motivation liegt somit in Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit. Ausgehend von den Wünschen der befragten Ärztinnen und Ärzten könnten dies sein: mehr Mitsprache bei Entscheidungen im eigenen Handlungsbereich, die Möglichkeit eigene Interessensschwerpunkte umzusetzen, Abbau der Bürokratie, ausreichend Zeit für die Patienten sowie eine bessere Abstimmung zwischen Allgemeinärzten und Fachärzten. Außerdem sollte es neben dem Beruf auch Platz für ein befriedigendes Privatleben geben, insbesondere Zeit für die Familie.
Kontaktpersonen für das Projekt sind: bei der SAkAM Dr. Adolf Engl, bei apollis Dr. Hermann Atz.