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Verkehr, Wirtschaft, Umweltschutz
Die Meinung von Bevölkerung und Wirtschaftstreibenden zu aktuellen Fragen der Südtiroler Mobilitäts- und Infrastrukturpolitik

Mobilità, economia, ambiente
L'opinione dei cittadini ed imprenditori altoatesini sulla politica infrastrutturale in provincia

Auftraggeber: Dachverband für Natur und Umweltschutz

Zeitraum: November 2011 bis Februar 2012

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden in zwei Pressekonferenzen der Öffentlichkeit vorgestellt. Die dort verteilten Dokumente finden Sie weiter unten als Download. Eine italienische Version der Ergebnisse liegt leider nicht vor, aber der Bericht enthält den italienischen Wortlaut der gestellten Fragen.

Zielsetzung und Methode

Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz hat das Bozner Institut für Sozialforschung und Demoskopie apollis mit einer Studie beauftragt, die Meinung der Südtirolerinnen und Südtiroler zur aktuellen Finanzkrise und zu damit verknüpften Wirtschafts-, Verkehrs- und Umweltfragen zu erheben.
Für die im Dezember 2011 abgeschlossene Untersuchung wurden 702 zufällig ausgewählte Personen telefonisch befragt.
Um auch die Meinung der Wirtschaftstreibenden differenziert betrachten zu können, flossen Selbstän-
dige und Führungskräfte überproportional in die Stichprobe ein. Ein Gewichtungsverfahren rückt deren Anteil für die Gesamtergebnisse wieder zurecht und ermöglicht eine nach Alter und Geschlecht repräsentative Datenbasis für die Südtiroler Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Südtirols Bevölkerung und Wirtschaftstreibende sehen in der italienischen Finanzkrise mehrheitlich eine deutliche Belastung Südtirols und ihrer selbst. Statt eines rigiden Sparkurses wünschen sie zur Bewältigung der Krise vielmehr Wachstumsimpulse für die Wirtschaft und nachhaltige Investitionen in Gesellschaft und Umwelt. Man erkennt, dass die Krise auf keinen Fall ein Vorwand für Sozial- und Umweltdumping sein darf. Am ehesten sieht man Einsparpotenzial in der öffentlichen Verwaltung und bei Großprojekten und Infrastrukturmaßnahmen.
Auch wenn der Landesregierung hinsichtlich der gerechten Verteilung von Lasten und Vergünstigungen von weiten Teilen der Bevölkerung Vertrauen entgegengebracht wird, wünschen sich doch insgesamt 80% mehr Bürgerbeteiligung, z.B. durch Volksbefragungen. Darin drückt sich auch aus, dass von der allgemein gutgeheißenen Wirtschaftsförderung alle profitieren sollen und nicht nur bestimmte Personenkreise.
Sowohl in der Wirtschaft als auch in der Bevölkerung besteht ein breiter Konsens darüber, dass das geforderte Wirtschaftswachstum nicht zu Lasten der Natur gehen darf. Eine klare Mehrheit hält Wachstum und Umweltschutz für vereinbar und fordert ein nachhaltiges Wirtschaften, wofür gerade in Südtirol vielfältige Chancen gesehen werden. Die bei Wirtschafts- und Umweltthemen häufig wahrgenommene Trennlinie zwischen „den“ Wirtschaftstreibenden und der Bevölkerung bzw. zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entpuppt sich bei näherem Hinsehen als relativ leicht zu überwinden – starke diesbezügliche Interessenkonflikte sind nämlich eher die Ausnahme.

Die Studie hat auch gezeigt, dass der Begriff der „Erreichbarkeit“, der im vergangenen Jahr die verkehrspolitische Debatte in Südtirol prägte, außer unter Wirtschaftstreibenden, einen vergleichsweise geringen Stellenwert in der Gesellschaft besitzt. Die Bevölkerung zeigt sich mehrheitlich mit der derzeitigen Außenanbindung Südtirols zufrieden und fordert auf der anderen Seite eher eine Verbesserung der Verbindungen innerhalb des Landes. Mögliche Maßnahmen stehen dabei unter besonders kritischer Beobachtung, da die Südtirolerinnen und Südtiroler angesichts der italienischen Finanzmisere der Meinung sind, dass eventuelle Einsparungen am ehesten bei der öffentlichen Verwaltung und bei Infrastrukturprojekten anzusetzen sind.
Sowohl bei den Maßnahmen zur besseren Erreichbarkeit Südtirols als auch hinsichtlich der Binnenanbindungen erweist sich die Schiene ganz klar als Favorit: eine sehr deutliche Mehrheit wünscht sich mehr Güter auf die Schiene, bessere Fernzugverbindungen und einen Ausbau des Schienennahverkehrs. Sogar das umstrittene Projekt des Brennerbasistunnels samt Zulaufstrecken wird mehrheitlich befürwortet. Auf große Ablehnung stoßen hingegen der Ausbau von Autobahn und Bozner Flughafen.
Was den Ausbau des Bozner Flughafens betrifft, so schätzen auch dessen Befürworter die Belastungen für die öffentliche Hand und die Chancen schienengebundener Alternativen als relativ realistisch ein. Was sie von den Gegnern trennt, ist hingegen die Nutzenwahrnehmung – für sich selbst, aber auch für andere. Die Debatte um den Flughafen wird also weniger von Ideologien, sondern von Kosten-Nutzen-Kalkül und von Verteilungsgerechtigkeit geprägt.

Dokumente zum Download

Pressekonferenz vom 29.2.2012: "Brauchen wir mehr Erreichbarkeit, brauchen wir den Flugplatz?"

Pressekonferenz vom 1.2.2012: "Wie viel ist uns Umweltschutz in Zeiten der Krise wert?"

Becker, Ulrich & Hermann Atz (2012): Wie viel ist uns Umweltschutz in Zeiten der Krise wert? Präsentation der Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. Bozen: apollis
Präsentation anlässlich einer Pressekonferenz am 1.2.2012 in Bozen (nur in deutscher Sprache - solo in tedesco)
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